Dienstag, 29. Oktober 2013

Betriebssport - Schlanke Mitarbeiter für schlanke Unternehmen?

Stellen wir uns folgende Situation vor: Ein Unternehmen hat seine Prozesse verschlankt, die Bestände reduziert und Altlasten abgebaut. Nun könnte die Frage nahe liegen, warum nicht auch die Mitarbeiter eine Schlankheitskur durlaufen sollen. Die Rede ist von Betriebssport und Fitnessprogrammen während oder nach der Arbeit. Dabei gibt es sogar Konzepte, bei denen während der aktiven Arbeit geschwitzt wird (Link). 

Betriebliche Gesundheitsförderung ist ein nicht zu verachtender Motivationsfaktor und eine Möglichkeit zur Steigerung der Zufriedenheit der Belegschaft. Gerade in Produktion und Montage werden trotz sorgfältiger Einbeziehung ergonomischer Arbeitsgestaltung monotone und körperlich belastende Arbeiten ausgeführt. Um Schmerzen vorzubeugen ist gezielter Muskelaufbau und Bewegung der richtige Weg. Ebenso sind Mitarbeiter im Büro durch stundenlanges Sitzen vor Allem am Rücken betroffen. Auch in der Logistik gibt es viele Arbeiten, die eine gute Fitness und einen gesunden Rücken voraussetzen, vom Kommissionieren bis zum Verpacken sind viele Beuge-, Hebe- und Trage-Bewegungen nötig, die den Bewegungsapparat belasten. (Link). 

Belastungen beim kommissionieren (Quelle: Lehrstuhl fml TU München)

Durch gezieltes und regelmäßiges Rückenmuskel-Aufbautraining können Schmerzen und Langzeitschäden verhindert werden (Link). Man kennt die Situation selbst: Oft fehlen nach der Arbeit die Zeit und der Antrieb, sich noch beim Sport und im Fitnessstudio auszupowern. An regelmäßige sportliche Betätigung außerhalb der Arbeitszeit ist dann nicht zu denken.

Sollten also Unternehmen dafür Sorge tragen, dass ihre Mitarbeiter ebenso wie ihre Prozesse schlanker werden? Die Frage ist viel mehr, ob sie das können. Die denkbar einfachste Variante ist der Betriebssport nach der Arbeitszeit oder Vergünstigungen bei ortsnahen Fitnessstudios. Etwas aufwändiger dagegen gestaltet sich die Einrichtung eines Fitnessraumes im Firmengebäude. Neben der Investition ist die Regelung der Benutzung ein größeres Hindernis. Sogar mitten in der Produktionshalle haben Fitnessräume schon Einzug gefunden. Um möglichst wenig Arbeitszeit zu verlieren, gibt es sogar schon mehr oder weniger fragwürdige Erfindungen, wie ein so genanntes „Gehtisch-Laufband“ (Link). 

Diese Bemühungen zeigen jedoch nur Wirkung, wenn die Möglichkeiten auch durch  viele Mitarbeiter genutzt werden. Aufklärung ist dabei eine gute Methode um Mitarbeiter die Vorteile des aktiven Muskeltrainings näher zu bringen. Der sinnvollste Weg wäre ein Fitness-Coaching zur Beratung und Aufklärung, um den richtigen Trainingsweg und einen Trainingsplan aufzuzeigen.

Es geht also nicht um schlanke Mitarbeiter, sondern um gesunde und leistungsfähige Mitarbeiter, die nach einem Arbeitstag ohne schmerzende Glieder nach Hause gehen und den nächsten Tag ausgeruht und mit voller Leistung angehen können.

Donnerstag, 5. September 2013

Gastbeitrag: Lean Office, versteckte Ressourcen mobilisieren

Ich freue mich sehr heute meinen ersten Gastbeitrag des Blogs präsentieren zu können. Angela Reeg-Muller, Geschäftsführerin der Exzellenta GmbH, hat einen Beitrag zum Thema Lean Office für dieses Blog verfasst. Eindrucksvoll zeigt sie, dass Lean Office eine konsequente Fortführung schlanker Prozesse in anderen Unternehmensteilen -und damit ein fundamentaler Bestandteil einer ganzheitlichen Lean Umsetzung in einem Unternehmen ist:




Unternehmen stehen mehr denn je im (globalen) Wettbewerb, was zu Preissenkungen in vielen Marktsegmenten führt bei gleichzeitigem Anstieg von Material- und Personalkosten. Kunden werden immer wählerischer und anspruchsvoller; Märkte wandeln sich immer schneller.
Die Produktion ist optimiert; effiziente Prozesse sind eingeführt und werden gelebt. Auf der Suche nach weiteren Einsparpotenzialen wenden sich immer mehr Unternehmen den verwaltenden Bereichen zu. Und das mit gutem Grund. Das Büro (inklusive Möbel, Ablage, PC usw.) wird als „autonomes Privatland“ angesehen. Es gibt wenige Arbeitsanweisungen, wenn überhaupt. Jeder erledigt die Arbeit in der Art und Weise, wie er/sie es für richtig hält; oder auch wie es am schnellsten geht oder am bequemsten ist. So werden Bestellungen in dem Ordner Bestellungen nach Datum abgelegt, aber auch in den Kundenordnern nach ABC oder in den Ordner Projekte eingeordnet. Das Suchen von Unterlagen ist vorprogrammiert.
Die Fraunhofer Studie Lean Office 2010 hat dargelegt, dass in Büros fast 30% der Arbeitszeit verschwendet wird durch Suchen, Unklarheiten, die zu Nachfragen führen, zu viele Schnittstellen, Berichte, die keiner braucht oder liest, umfangreiche Genehmigungsschleifen, langatmige Besprechungen usw. usw. Verschwendung von Zeit führt zu Verschwendung von Kosten. Zudem sind die Bürobereiche diejenigen, die für den Informations- und Materialfluss zuständig sind. Klappen diese nicht, leidet die Produktion darunter, mag sie noch so produktiv sein. Langsame Abläufe im Büro führen zu schlep­pender  Auftragsabwicklung mit der Gefahr, dass der Kunde sich einen schnelleren Wettbewerber zuwendet.
Abhilfe wird durch die Einführung von Lean Office erreicht. Lean Prinzipien sind in den Büros ebenso anwendbar wie in der Produktion. Um die Verschwendung erkennen zu können, werden die Kunden identifiziert und deren Anforderungen erhoben. Denn nur die Aktivitäten, wofür der Kunde bereit ist, sein Geld auszugeben, sind wertschöpfend. In den administrativen Bereichen  handelt es sich oft um interne Kunden; diese müssen einen Nutzen von unseren Aktivitäten haben. Fragen wir doch einmal unsere Kollegen, die unsere Arbeit zur Weiterbearbeitung von uns übernehmen, was sie wirklich brauchen. Produkte im Büro sind Informationen, meist in elektronischer Form. Es muss klar sein, welche „Büroprodukte“ erzeugt werden und wie deren Ablauf am besten organisiert wird. Lean bietet dazu zahlreiche Werkzeuge an.

Zusammenarbeit in Teams
Viel wichtiger als die Werkzeuge ist allerdings, dass ein Denken in Prozessen eingeführt und gelebt wird, weg von dem funktionalen Abteilungsdenken. Dazu muss in abteilungsübergreifenden Teams gearbeitet werden.
Lean Office beschäftigt sich mit der Verbesserung der Geschäftsprozesse durch Vermeiden von allem Überflüssigen in Form von Verschwendung. Schnittstellen werden optimiert,  Durchlaufzeiten konsequent minimiert. Warum braucht ein Unternehmen zwei Monate, bis es einem Bewerber eine Antwort gibt und ein anderes nur zwei Wochen? Mitarbeiter müssen befähigt werden, Verschwendungen zu erkennen und die Werkzeuge zur Beseitigung der Verschwendung beherrschen. Wahrgenommene Probleme werden systematisch analysiert und Schritt für Schritt beseitigt.
Allerdings: Büromitarbeiter bestehen oft auf ihren individuellen Eigenständigkeiten. Der Weg zu Lean Office muss  durch Methoden des Changemanagements intensiv unterstützt werden.
Gelingt jedoch die Einführung von Lean Office und der Kultur der kontinuierlichen Verbesserung erhält das Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil durch loyale Kunden, durch weitestgehend verschwendungsfreie Geschäftsabläufe und durch mitdenkende motivierte Mitarbeiter. Im besten Fall hat sich das ständige Suchen nach verbesserten Abläufen, besserer Zusammenarbeit, um die Kundenanforderungen zu 100% zu erfüllen, in der DNA des Unternehmens so verankert, dass Nachahmer diesen Vorsprung nur schwerlich aufholen können. Das ist echte Zukunftssicherung für gesundes Wachstum des Unternehmens.


Kontaktdaten
Angela Reeg-Muller
Dipl.-Volkswirtin
Lean Six Sigma Black Belt