Mittwoch, 26. Juni 2013

Meine Belegschaft und eine Lean Implementierung – Furcht, Freude, Frenetismus?

Lean Management, egal in welchem Bereich es angewendet wird, setzt eine Komponente voraus, um effiziente, stabile und robuste Resultate zu erzielen: Die Akzeptanz der Belegschaft. 
Das bedeutet, dass Sie eventuell vier große Mythen aufklären müssen:

1) Akzeptanz schaffen

Lean Management wurde so oft schon als Deckmantel für andere Kosteneinsparungsmaßnahmen benutzt, es wird Angst und Zweifel bei Teilen Ihrer Belegschaft schüren. Gerade wenn noch externe Berater dabei sind, ist dies eigentlich ein sicheres Zeichen, dass bei dieser Maßnahme schnell viel Geld eingespart werden muss. Wie oft wurden Angestellte schon bei/nach Lean Implementierungen gefeuert? 

In fast jedem gedruckten Werk zu Lean steht aber, dass dies der falsche Weg ist. Ohno schlägt in seinem Buch zum Thema Workplace Management vor, nicht mehr benötigte Arbeiter im Zweifel sogar als Palettenschlepper einzusetzen. Machen Sie den Arbeitnehmern in Ihrem Unternehmen deutlich, dass niemand wegen der Lean Einführung seinen Job verlieren wird und halten sie sich an dieses Versprechen.

2)  Wenn alles effizienter wird, wo bleibt dann der Faktor Mensch?


Link: http://networkedblogs.com/MwZ6Y
Lean Management kann Ihrer Produktion zu mehr Effizienz verhelfen. Aber nur weil Prozesse geglättet wurden und eine Auslastung jetzt gleichmäßig erfolgt, heißt das nicht, dass Arbeiter nun 8 Stunden durchgehend arbeiten müssen, ohne Pausen und Leistungsspitzen. Natürlich werden Sie Pausen mit in jede Planung miteinbauen, aber planen Sie auch Zeit für Kreativität und Probleme mit ein. Ein interessanter Blogpost von Mark Graban zeigt eindrucksvoll, dass Lean Einführungen dafür sorgen können, dass Ihre Belegschaft deutlich zufriedener ist (Link: http://networkedblogs.com/MwZ6Y). Die folgenden Daten stammen von der Belegschaft des Children’s Medical Center aus Dallas, vor und nach der Lean Einführung. Auf einer Skala von 1-5, mit 5 als höchstem Wert, konnten sie angeben, wie zufrieden sie mit bestimmten Bereichen ihrer Arbeit waren. Die Werte sprechen eine eindeutige Sprache.

3)  Mit Zeitarbeitern kann unser Unternehmen Nachfragespitzen abfangen.


Nein, das ist ein alter Hut – Zeitarbeiter sind wenig motiviert und wirken gerade in schlanken Unternehmen wie Fremdkörper. Es ist unwahrscheinlich, dass sie sich lange Zeit bei Verbesserungsmaßnahmen engagieren werden. Sie kennen sich nicht mit Firmenstandards aus und werden diese wiederholt verletzen und damit zum Negativbeispiel für andere Mitarbeiter. Zeitarbeiter haben ferner keinerlei Motivation sich mit der Firma und deren Philosophie zu identifizieren, da viele nur darauf warten bei andren Unternehmen eine Festanstellung zu bekommen. Diese Mitarbeiter haben außerdem keine Job-Sicherheit, welche häufig von Zukunftsängsten und Unzufriedenheit begleitet wird. Kann man ihnen auf dieser Basis und über diese kurze Zeit in der Firma wirklich die Lean-Philosophie einimpfen?
Nehmen sie an dieser Stelle Geld in die Hand und binden Sie Arbeitnehmer in langfristigen Verhältnissen in ihr Unternehmen ein. Halten Sie Springer bereit, nutzen Sie die Möglichkeit von Kompetenz/Wissenslandkarten um Substitute oder Ergänzungskräfte schnell identifizieren zu können.

4)  Ab dem Moment der Lean-Einführung muss alles effizient verlaufen. Jetzt müssen unsere Zahlen besser sein!


Das ist natürlich was ihr Chef sehen und hören will und es wäre nun einfach diesen Druck an die Arbeitnehmer weiter zu geben. Die Lean Einführung können Sie natürlich als Motivationsmaßnahme interpretieren und dadurch noch ein wenig mehr Einsatz aus den Arbeitern herauskitzeln. Aber wird so etwas wirklich lange Bestand haben? Meiner Meinung nach ist es sogar ein gutes Zeichen, wenn nicht alles sofort super schnell und effizient verläuft, nur weil jetzt im Werk zwei, drei neue Methoden im Prozessbaukasten implementiert wurden.
Ermutigen Sie die Arbeiter bei Problemen inne zu halten und nach der Ursache des Problems zu suchen. Wenn der gleiche Fehler immer wieder auftritt, könnte der Fehler am Prozess liegen und nicht an den Arbeitskräften – auch wenn es einfacher ist diesen die Schuld dafür zuzuschieben. Lassen Sie den Leuten die Zeit sich mit den Fehlern zu beschäftigen und diese auszumerzen. Geben Sie wenn möglich Hilfestellung und unterstützen Sie den Lernprozess. Nehmen Sie den Druck von Ihren Arbeitern, dass alles sofort perfekt funktionieren muss und kommunizieren Sie das nach Oben. Auch wenn das zunächst unangenehm sein mag, steigert es doch die Wahrscheinlichkeit eine nachhaltige Umsetzung zu ermöglichen und auch das Verständnis der Vorgesetzten, sowie die Akzeptanz der Mitarbeiter für die Umsetzung.

Freitag, 21. Juni 2013

Lean und Green – Marketingphrase oder echte Zusammengehörigkeit?


Durch mein Studium in den Niederlanden waren die beiden Themen für mich stets eng miteinander verknüpft. Dort werden, beispielsweise durch den Lean and Green Award die Symbiose der Themenstellungen verfolgt, gemeinsame Potentiale identifiziert und beide Philosophien in vielen Unternehmen auch gelebt.

Trucks von Ewals Cargo Care mit Lean and Green Logo
Doch spätestens als ich wieder in deutschen Gefilden angekommen war, hat sich mein Bild doch radikal verändert: Natürlich haben beide Themen Überschnittmengen, aber sind die Zielsetzungen der Themenkomplexe Lean und Green wirklich identisch? Die deutsche Wirtschaft scheint mir da skeptischer zu sein als die niederländische.

Mit einer Lean Management Implementierung sollen an erster Stelle Prozesse effizienter gestaltet werden, d.h. Kosten werden nachhaltig gesenkt, die Produkt-Qualität wird verbessert und die Flexibilität von Prozessen erhöht, um schneller auf externe Einflüsse reagieren zu können und Kundenwünsche schnell umzusetzen. Der Ressourceneinsatz wird demnach optimiert und Verschwendung eliminiert.

Mit einer grünen Ausrichtung wollen Unternehmen Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein in ihren Prozessen verankern. Dies kann zum Einen bedeuten, dass ein Unternehmen diese Zielsetzung auch (strategisch gesehen) als ökonomisch wertvoll erachtet (bspw. weil Ressourcen effizienter eingesetzt werden). Durch eine grüne Produktion können aber auch neue Kundengruppen erschlossen werden, bzw. bestehenden, umweltbewussten Kunden ein Mehrwert geliefert werden – Moment! Mehrwert? Ist eine grüne Herstellung von Waren denn überhaupt ein Mehrwert für den Kunden? In meinen Augen schon. Kunden sind besorgt um die Umwelt und wenn sie keinen Mehrwert sehen würden, wären sie auch nicht bereit für „grüne“ Produkte mehr Geld auszugeben. Durch den Kauf "grüner" Produkte haben sie zwar keinen unmittelbar spürbaren Mehrwert in Form von neuen Funktionen oder toller Produkteigenschaften, sie schaffen den Mehrwert aber durch die bewusste Wahl eines Produktes mit weniger Emissionen, etc, das gleichzeitig auch eine bessere Welt für Morgen verspricht.

Nun finden wir bei beiden Themenstellungen Schlagwörter wie „Ressourcen effizient einsetzen“ und eine „nachhaltige Vorgehensweise“ in Prozessen implementieren, spannen wir den Wagen doch mal von hinten auf – Lassen Sie uns nach Gegenbeispielen suchen, bei denen sich die Zielsetzungen der beiden Themengebiete zunächst widersprechen und diese dann jeweils genauer analysieren:



1)     Milkruns vs. große FTLs
Bei Lean Management geht es darum, Materialfluss zu erzeugen. Dies bedingt logistisch, als auch intralogistisch Anlieferungen in kleinen Stückzahlen. Unter ökologischen Gesichtspunkten würden vermutlich eher Anlieferungen in großen Mengen vorgezogen werden, um die Anzahl der Transporte und damit die Anzahl der verbrauchten fossilen Brennstoffe zu reduzieren.
Doch schauen wir uns das große Bild an, diese großen Anlieferungen würden bedeuten, dass wir Lagerhäuser bauen müssten (Verbrauch fossiler Brennstoffe und Entstehung von CO2 beim Bau, bei der Kühlung, Einrichtung elektronischer Installationen, ... ). Wären LKW-Anlieferungen wirklich umweltschonender als kleinere Milkruns?  

2)     Supplier-Auswahl
Bei der Supplier Auswahl würden „grüne“ Einkäufer wohl Lieferanten auswählen oder entwickeln, die umweltbewusst und ökologisch verträglich entwickeln, wohingegen „schlanke“ Einkäufer auf Lieferanten setzen würden, die die gewünschte Qualität zum günstigsten Preis liefern würden (dies ist natürlich sehr plakativ und entspricht nicht wirklich der Realtität, aber im groben entspricht dies den Lean Leitlinien).
Stefan Gottemeier hat 2012 gezeigt, dass diese Denke alles andere als Lean ist. Das Ergebnis seiner Umfrage zu dieser Thematik war: Lieferanten, die „grün“ denken machen Unternehmen strategisch wettbewerbsfähiger und steigern auch die gesamten Supply Chain Erträge. „Grüne“ Lieferanten können häufig qualitativ hochwertigere Waren herstellen und sogar Umsatzausfälle durch Negativschlagzeilen oder sogar Klagen verhindern.

3)     Einsatz fossiler Brennstoffe in der Produktion
Ein kritischer Punkt, denn dem Lean Manager wäre dies vermutlich egal, er würde auf den kostengünstigsten Energieträger setzen. Der Green Manager hingegen würde eher nachhaltigere Energiequellen bevorzugen.
Hier habe ich noch keinen Punkt gefunden, der die Brücke zwischen Lean und Green spannen würde. Eventuell Autarkie?


Es ist aber offensichtlich geworden, dass beide Philosophien leicht miteinander vereinbar sind und die Orientierung an der jeweils anderen Leitlinie Vorteile für beide Seiten mit sich bringen kann. In vielen Fällen sind diese Vorteile eher strategischer Natur und nur dann sichtbar wenn man eine TCO-Sichtweise einnimmt. Aber eigentlich geht es beiden Philosophien ja um den Weitblick und nachhaltig robuste/stabile System zu schaffen. Toyota hat sich schließlich auch nicht einfach die günstigsten Lieferanten herausgepickt als sie anfingen in den USA zu produzieren, sondern haben bewusst auf kleine Lieferanten gesetzt, die sie einfach zu den Lieferanten formen konnten, die sie benötigten.


Als kleiner Lesetipp zum Schluss der Artikel von Rao und Holt aus dem Jahr 2005:
Do green supply chains lead to competitiveness and economic performance?

Freitag, 14. Juni 2013

Buch Review: Shopfloor Management: Führen am Ort der Wertschöpfung

Diese Woche stelle ich das nicht ganz neue, aber thematisch sehr aktuelle Buch von Remco Peters mit dem Titel "Shopfloor Management: Führen am Ort der Wertschöpfung" vor. Peters richtet sich dabei in erster Linie an Praktiker und hat darin seine Erfahrungen aus seiner Beratungstätigekeit zusammengefasst.

Im Erscheinungsjahr 2009 war Remco Peters in der deutschsprachigen Fachliteratur ein Pionier auf dem Gebiet Shopfloor Management. Deshalb hat das Buch sofort mein Interesse geweckt.
 
Das Buch ist gut strukturiert und führt mit einem Überblick der Entwicklungsstufen von Leankonzepten ordentlich zum eigentlichen Thema hin. Jedoch ist diese knappe Darstellung der "Lean-Evolution" für Lean-Erfahrene bei Weitem nicht ausreichend und natürlich nichts neues.

Darauffolgend wird Shopfloor Management treffend als Stabilisierungsinstrument der bei Lean-Veränderungsproszessen auftretenden mentalen Stagnation vorgestellt.

In den folgenden Kapiteln werden die Prinzipien vorgestellt, die nötig sind um Shopfloor Management erfolgreich und nachhaltig einzuführen. Dabei werden viele alltägliche und grundsätzliche Probleme angesprochen, die bei Veränderungsprozessen auftreten. 
Gelungen finde ich hier, dass nicht nur Probleme aufgezeigt, sondern auch Lösungen vorgestellt werden. Diese Lösungsvorschläge sind dabei zumeist allgemein gehalten und werden mit Beispielen aus der Praxis erläutert. Eine Zusammenfassung der wichtigsten "Erfolgsfaktoren" findet sich im letzten Kapitel.

Da sich das Buch an Praktiker wendet, werden auch einige konkret anwendbare Methoden vorgestellt, die als Hilfsmittel zur Einführung von Shopfloor Management im Unternehmen dienen sollen. 
Dies sind in erster Linie Methoden für Führungskräfte in der Fertigung - welche sich jedoch in einfacher Weise - auch auf die Logistik und deren Prozesse übertragen lassen.
Positiv dabei finde ich, dass der Autor die Methoden gelungen gliedert und mit allgemein gehaltenen Beispielen erläutert. Seine Ausführungen dienen dabei lediglich als Denkanstoß und Grundgerüst zur Entwicklung individueller Hilfsmittel zum täglichen Führen vor Ort.

Zum Abschluss gibt der Autor dem Leser eine (nur zum Teil gelungene) Sammlung an Checklisten und Praxistipps mit an die Hand, die den physischen uns psychischen Veränderungsprozess unterstützen sollen. Einige Fragen regen hier zur Selbstreflexion an und sollen den eigenen Führungsstil selbstkritisch hinterfragen - diese sind wieder relativ allgemein gehalten, was ich an dieser Stelle für nicht sinnvoll halte, da die zu erwartenden Antworten ebenso allgemein, wie wenig nützlich ausfallen.

Auch wenn "Shopfloor Management: Führen am Ort der Wertschöpfung" an einigen Stellen Details und weiterführende Ausführungen, sowie aussagekräftigere Darstellungen vermissen lässt, ist das Buch eine klare Leseempfehlung. Es dient als gelungene Wissensbasis für das elementar wichtige Thema Shopfloor Management, und das nicht nur für Praktiker.

Die Ausführungen von Remco Peters sind nicht nur als wünschenswerte Handlungsempfehlung für Führungskräfte in der Fertigung zu sehen, die Prinzipien und Methoden sollten gerade im Bereich Warehousing ohne Weiteres auf die Logistik übertragbar sein.

Freitag, 7. Juni 2013

Buch Review: Lean Supply Chain & Logistics Management von Paul Myerson

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Ab sofort werde ich zum Wochenende hin Rezensionen zu Büchern verfassen, die ich unter der Woche gelesen habe. Den Beginn macht das Werk „Lean Supply Chain & Logistics Management“ von Paul Myerson.

Das Buch ist der derzeit nur in englisch erhältlich und ist in gewohnt einfacher Sprache gehalten. Der Schreibstil ist sehr angenehm, da Myerson Themen schnell auf den Punkt bringt und die Kapitel mit Schlagworten als Überschriften unterteilt wurden. Ich fand den Schreibstil so angenehm, dass ich es an zwei Abenden durchgelesen habe.

Myerson nimmt die, in der Lean Literatur etwas vernachlässigte, Supply Chain Perspektive ein und versucht jegliches Silo-Denken aus den Köpfen der Leser zu vertreiben. Dazu zieht er immer wieder anwendungsbezogene Fallbeispiele erfolgreicher Lean Umsetzer hinzu und reicht als Appendix zu seinem Werk noch eine gesonderte Sammlung von anschaulichen Praxisbeispielen.

Er geht außerdem in der Erklärung einzelner Methoden immer wieder auf die häufigsten Probleme und Stolpersteine ein und erklärt auch, wie man es nicht machen sollte. Für Praktiker, die vor einer Lean Einführung stehen, ist das Buch daher auf jeden Fall einen Blick wert.

Zu bemängeln ist die Anzahl von Fehlern in dem Werk. Neben einer komplett falschen Abbildung eines überarbeiteten Wertstromes, fehlen ab und an im Text  einzelne Wörter. Der Lektor war sein Geld an dieser Stelle definitiv nicht wert. Auch die im Buch verwendeten Grafiken sind in der Qualität der Darstellung eher heterogen.

Ein Kaufgrund für mich war ein Buchkapitel in dem die Kombination von Lean mit Technologien von einer Supply Chain Perspektive aus beschrieben wird. Leider werden in diesem Kapitel altbekannte Ansätze vorgestellt. RFID wird auf einer viertel Seite behandelt und neuartige Identifikationstechnologien werden gar nicht genannt.

Trotzdem ist „Lean Supply Chain & Logistics Management“ ein lesenswertes Buch, das eine Lean Perspektive vertritt, die meiner Meinung nach viel zu selten ein Forum in praxisnaher Literatur bekommt. Sowohl für Lean-Anfänger als auch Fortgeschrittene ist das Buch geeignet, da es schnell und umfassend die wichtigsten Bausteine einer Lean Implementierung umschreibt. Schade, dass gerade beim Anwendungsbeispiel des überbetrieblichen Wertstromdesigns der Fauxpas mit der Grafik passiert ist.

Mittwoch, 5. Juni 2013

Just in Time – Klingt einfach, kennt jeder, kann keiner?


Nachdem der erste Post etwas abstrakt war, wenden wir uns nun einem Konzept zu, das jeder kennt. Selbst Personen, die wenig mit Lean Management zu tun haben, haben schon von Just in Time gehört. Doch bevor Sie jetzt anfangen zu gähnen und sich fragen, warum Sie einen Artikel über „Just in Time“ lesen sollten, lassen Sie mich Ihnen zeigen, warum der Ausdruck unterschiedlich aufgefasst wird und welche weitreichenden Fehler dadurch entstehen können.

Ich hatte meinen ersten Kontakt mit dem Begriff „Just in Time“ vor mehr als 15 Jahren in meiner Schulzeit, als ich ein Referat über das Thema für den Erdkundeunterricht vorbereiten sollte. Hätte mir damals jemand erzählt, dass ich jetzt immer noch mit dieser Thematik zu tun habe, hätte ich ihn für verrückt erklärt, denn damals fand ich das ganze Konzept relativ trivial und selbst erklärend. Heute geht es Vielen sicherlich nach wie vor genauso. Ich werde Ihnen drei grundlegende Fragestellungen zu JIT zeigen, die immer wieder auftauchen und häufige Ursachen von Fehlern sein können


Frage 1: Was ist Just in Time überhaupt?

Die Internet Seite mein-wirtschaftslexikon.de spricht von der Just in Time Methode (1), Shingo und Ohno sprechen vom Just in Time  Konzept oder Prinzip(2). Wenn man sich den Unterschied zwischen den beiden Formulierungen verdeutlicht, wird offensichtlich warum es hier um mehr als eine hohle Phrase oder theoretische Haarspalterei geht:

Methode - Art und Weise, wie man etwas tut, um ein Ziel zu erreichen; Synonym: Vorgehensweise (3)

Prinzip - Grundsatz oder Maßstab des Handelns, der ein Unternehmen/einen Menschen leitet; Synonym: Grundregel/Grundsatz (4)

Methoden bauen demnach auf Prinzipien auf und ein Prinzip alleine genügt nicht um einen Prozess in standardisierter Art und Weise auszuführen. Das heißt auf gut Deutsch: Einfach den Anlieferprozess auf Just in Time umstellen funktioniert nicht, denn Just in Time ist nur ein Prinzip. Erst muss eine Methodik entwickelt werden, wie die Anlieferung durchgeführt wird und die dieses Prinzip beachtet. Das kann mitunter bedeuten, dass viele vorgelagerte und nachgelagerte Prozesse neu gestaltet werden müssen - Just in Time ist nicht einfach umzusetzen, so trivial es auch auf dem Papier erscheinen mag. Eine einfache Methode, die das JIT Prinzip in der Produktion umsetzt ist die Kanban Steuerung von Produktionsprozessen (5).


Frage 2: Bedeutet Just in Time, dass meine Waren dann geliefert werden wenn sie in der Produktion benötigt werden?

Nein! Diese Definition ist falsch. Das würde zu Stillstandzeiten führen und die sind bei produzierenden Betrieben recht unbeliebt. Wenn man Just in Time übersetzt, bedeutet dies „gerade (noch) rechtzeitig“. Der Unterschied zwischen In Time und Just in Time spielt dabei eine wichtige Rolle. Das Wort Just bedeutet, dass Pufferzeiten und Sicherheitsbestände miteingeplant werden müssen, sodass Entladevorgänge, intralogistische Prozesse aber auch Lieferverzögerungen zeitlich kompensiert werden können. Dieser Puffer können durch iterative Verbesserungen reduziert, aber niemals ganz abgeschafft werden (bspw. würde eine genaue Terminierung der Anlieferungen Staus an der Rampe vermeiden, sodass Abladevorgänge zügig von statten gehen und geplante Anlieferzeiten genauer eingehalten werden können).


Frage 3: Was ist der Unterschied zwischen Just in Time und Just in Sequence?

Eigentlich ist das ganz einfach, nur leider werden die Ausdrücke immer wieder verwechselt oder in ihrer Komplexität vertauscht. Just in Sequence ist eine Steigerung von Just in Time, denn Just in Sequence bedeutet, dass die angelieferten Güter nicht nur zum richtigen Zeitpunkt eintreffen müssen, sondern auch in der richtigen Reihenfolge angeliefert werden sollten. Die Unterschiede und die höhere Komplexität stellt die Grafik anschaulich dar. Eigentlich ganz einfach, aber ich habe selbst Branchenexperten schon davon sprechen hören, dass man zunächst JIS und dann JIT einführen solle.


Ich hoffe ich konnte Ihnen zeigen, dass sich selbst hinter bekannten und vertrauten Ausdrücken oftmals mehr versteckt als angenommen und viele Dinge erst dann Fragen aufwerfen, wenn man sich näher mit ihnen beschäftigt.



(1) http://www.mein-wirtschaftslexikon.de/j/just-in-time.php
(2) Shigeo Shingo - A Study of the Toyota Production System from an Industrial Engineering Viewpoint (1989)
(3) http://de.wiktionary.org/wiki/Methode
(4) http://de.wiktionary.org/wiki/Prinzip
(5) Taiichi Ohno – Workplace Management (2012)