Donnerstag, 22. August 2013

Schlanke Prozesse im Profifußball? – Wie das Befolgen von Lean Prinzipien Bundesliga Clubs hilft.



Seit knapp drei Wochen läuft die aktuelle Bundesliga-Saison wieder. Und was eignet sich besser als leichter Einstieg, um den Blog wieder aus der Sommerpause zu befördern? Leicht abstrahiert können viele Prinzipien des Lean Managements auch in der Welt des Fußballs als Erfolgsfaktoren herhalten. Manche Vereine die diese Prinzipien missachten, verspüren schon jetzt die Folgen des Fehlverhaltens. Im Folgenden werde ich versuchen einige Beispiele für misslungenes, aber auch für gutes Management zu präsentieren.

PDCA bei Spieler-Transfers

Nichts hat die Fans in den spielfreien Monaten so sehr bewegt wie die Spielertransfers  der Bundesligaclubs und die dazugehörigen Gerüchte. Ziel eines jeden Transfers ist es den bestehenden Kader (perspektivisch) zu verbessern. Das Instrument bei kontinuierlichen Verbesserungsvorhaben ist der PDCA Kreislauf von Deming, bestehend aus den Phasen Plan, Do, Check, Act. Richtig angewendet kann diese Methodik auch bei Spielertransfers von großem Nutzen für die Vereine sein.

Abstrahieren wir nun den PDCA Zyklus: Ein adäquates Verhalten wäre es gewesen, wenn sich Vereine zunächst auf den Positionen verstärken, auf denen akuter Handlungsbedarf besteht (Phasen Plan und Do) dann in Testspielen evaluieren ob der Spielerkader die gewünschte Reife besitzt (Check) und dann gegebenenfalls nachbessern (Act), womit der Kreislauf wieder von neuem beginnt. Einige Vereine haben bei ihren Transfers Praktiken an den Tag gelegt, die sich zum Teil jetzt schon rächen oder später Konsequenzen nach sich ziehen könnten. Diese Vereine haben zum Teil den Zyklus nur einmal durchlaufen und dann keine Gelder mehr für eine Wiederholung des Zyklus (Hannover 96, VFB Stuttgart). Ausfälle von Spielern wirken sich dabei fatal aus, genauso wie Leistungsabfälle oder Fehleinschätzungen transferierter Spieler. Andere Vereine (Werder Bremen, Hamburger SV) orientieren sich bei ihrem Transferverhalten eher an den Prinzipien des Business Process Reengineering, sie suchen die perfekte Lösung und haben keinen iterativen Zyklus sondern lediglich die zwei Phasen „planen“ und „handeln“. Dies führt dazu, dass zukünftige Spieler nicht eingespielt sind, weil sie die Saisonvorbereitung nicht mitmachen können und Mitspieler ungewiss über ihre Zukunft gelassen werden. Als positives Beispiel kann Freiburg herhalten, die sich zunächst auf den vakanten Positionen verstärkt haben und jetzt noch über genügend Reserven verfügen um nach einem durchwachsenen Start nochmals zu handeln. Der tschechische Jungstar Vladimir Darida steht kurz vor einem Transfer in den Breisgau.

Dezentrale Steuerung einer Organisation

Dass sich Organisationen nicht immer Top-Down steuern lassen, bekam insbesondere der Hamburger SV zu spüren. Frühzeitig wurde dort von Trainer und Management angekündigt sich von einer Vielzahl von Spielern trennen zu wollen (welche augenscheinlich gerne beim HSV bleiben würden), leider gelang es den Hamburgern lediglich sich von dem ewigen Talent Marcus Berg zu trennen. Die verbliebenen Spieler machen nun Stunk gegen Trainer und Management, blockieren Transfers und trüben die gesamte Stimmung im Kader. Damit erreichen sie das, was Trainer Thorsten Fink (in anderer Weise) schon seit einem Jahr versucht: Sie nehmen Einfluss auf die Leistungsbereitschaft ganzer Mannschaftsteile – Der HSV konnte bisher nur einen Punkt aus den ersten zwei Spielen verbuchen, auch das Weiterkommen in der ersten Runde des DFB Pokals war trotz 4:0 Endergebnis eher schmeichelhaft.

Kundenorientierung

Auch bei den Bayern ist nicht alles Gold, was glänzt. Uli Hoeneß hatte bereits verkündet, dass der FC Bayern kein Geld mit Stadiongängern verdient. Ein nächster logischer Schritt ist nun getan: Um die Stimmung zu glätten und ein geregelteres Stadionerlebnis zu schaffen dürfen viele Fans beim FC Bayern nicht mehr in die Südkurve, da dort nun Drehkreuze stehen. Diese verhindern, dass frenetischere Anhänger die Kurve wie bisher als Treffpunkt benutzen. Genauso wurden Auswärtsdauerkarten gestrichen und viele bayerische Fans, die ihrer Mannschaft überallhin folgten werden nun durch lokale Sympathisanten in gegnerischen Gefilden ausgetauscht. Dies bedeutet zwar, dass Heimspiele sicherer werden und auch damit verbundene Kostenfaktoren niedriger werden. Aber dadurch wird auch die (ohnehin schon maue) Stimmung in München weiter absinken und auch bei Auswärtsspielen wird es ruhiger werden. Fanartikelabsätze gehen zurück und ein Unterschied zwischen Heim-und Auswärtsspiel wird es bald für die Bayern nicht mehr geben. Fanprojekt Koordinator Thomas Emmes sieht die Fankultur bei Bayern München „kurz vor dem Absturz“. Kundenorientierung sieht anders aus oder will der FC Bayern diese Leute garnicht als Kunden?

Die Bundesliga bleibt auf jeden Fall spannend, kippt die Stimmung in Hoffenheim, so wie beim HSV? Können sich Dortmund und Bayern diese Saison ein spannendes Rennen liefern und wie schneiden die Mannschaften im internationalen Vergleich ab? Ich wünsche Ihnen allen viel Spaß bei der schönsten Nebensache der Welt ;-)

Freitag, 9. August 2013

Leiharbeit - Der größte Feind positiver Unternehmenskultur?

Jeder kennt einen und viele sind es oder waren es: Leiharbeiter. Die Arbeitnehmerüberlassung und Beschäftigung von Leiharbeitern ist in deutschen Unternehmen zum Trend geworden. Und dieser Trend hat sich - zumindest gefühlt - noch verstärkt, indem Hochschulabsolventen von zahlreichen Angeboten auf einschlägigen Jobportalen von Arbeitnehmerüberlassungsfirmen berichten. Tatsächlich hat sich die Anzahl der Zeitarbeiter seit 2002 fast verdreifacht (siehe Grafik). Die Gründe sind den Meisten bewusst:
  • Angst vor der Krise, 
  • Flexibilität bei der Personalplanung, 
  • Kosteneinsparungen,
  • Ausgleichen von Personalbedarfsschwankungen, 
  • Verringerung von Risiken bei der Personaleinstellung.
Quelle: www.statista.com
Es stellt sich nur die Frage welche langfristige Strategie die Unternehmen dabei verfolgen. Entwickelt sich nämlich dieser Trend weiterhin, werden sich die Probleme die eine erhöhte Leiharbeiterquote (wie etwa: über 20% der Belegschaft) mit sich bringt verstärken.
Dabei sind die Auswirkungen vieler dieser Probleme schleichend. Die Bildung einer "Zweiklassen-Belegschaft" zählt dabei noch zu den offensichtlicheren Entwicklungen. Arbeitnehmer berichten sogar von einer Trennung in den Bürostrukturen. Die Leihbelegschaft wird dabei von der Stammbelegschaft getrennt. Sogar die Begrüßung durch den Vorgesetzten findet nur bei der Stammbelegschaft statt - Zustände, die man bei großen deutschen Konzernen nicht erwartet hätte.
Ein Unterschied zeigt sich auch beim Gehalt. Ingenieure, die statt einer Festanstellung nur Leiharbeiter sind ,haben im Schnitt ein um fast 20 Prozent geringeres Bruttoeinkommen:

Mitarbeiter in Leiharbeit bekommen deutlich weniger Gehalt als Kollegen mit Vollzeitbeschäftigung.
Quelle: http://www.marktundmittelstand.de

Weitere Probleme, die nicht nur dem Arbeitnehmer, sondern auch dem Unternehmen schaden, sind Know-How Verlust bei Abwanderung länger beschäftigter Leiharbeiter und eine schlechte Unternehmenskultur, bei der eine Identifikation des Arbeitnehmers mit dem Unternehmen bei großen Teilen der Belegschaft nicht stattfindet.

Die langfristigen Vorteile aus den genannten Gründen sind auch aus verschiedenen Blickwinkeln nicht ersichtlich. Der Gesetzgeber musste darüber hinaus nachbessern und hat bewusst das Wort "vorübergehend" integriert, um die Intention der kurzfristigen Arbeitnehmerbeschäftigung zu unterstreichen.

Zitat: "Die Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher erfolgt vorübergehend." (AÜG, §1 Abs.1)

Eben diese vorübergehende Beschäftigung ist oftmals nicht der Fall und so dehnt sich eine "vorübergehende" Anstellung als Leiharbeiter, bei der ein Arbeitnehmer die Aussicht auf Festanstellung als Motivation sieht, auf eine mehrjährige Beschäftigung aus. Dies hat neben den finanziellen Nachteilen für den Arbeitnehmer auch psychische Folgen, kann sich doch der Arbeitgeber in schlechteren Zeiten sofort vom Leiharbeitnehmer trennen.

Wer schon einemal Lean Projekte oder sonstige Verbesserungsprojekte mit einer Gruppe Mitarbeitern betreut hat der wird ebenso bestätigen können, dass das Konzept der Leiharbeit für solche Vorhaben alles andere als förderlich ist. Mitarbeiter, die bereits von einer Firma zur nächsten "gewandert" sind, auf der Suche nach einer Festanstellung, glänzen meist nicht mit Motivation und energischem Auftreten. Sind an einem Lean Workshop mehrere Mitarbeiter beteiligt, die einen solchen Weg gehen müssen und dabei keinerlei Identifikation mit dem Arbeitgeber vorherrscht, stellt sich der Erfolg in einem Verbesserungsprojekt nur schwer ein.

Durch die genannten Probleme, die bei ausgedehnter (Aus-) Nutzung des Sytems entstehen, kann nicht mehr von fairen Arbeitsverhältnissen die Rede sein, bei dem beide Seiten mit offenen Karten spielen. Daher muss sich dieser zweifelhafte Trend umkehren und Unternehmen müssen der positiven Unternehmenskultur den Vorzug vor der Angst vor Festanstellung von Mitarbeitern geben. Nur durch zufriedene Mitarbeiter, die nicht täglich um ihren Arbeitsplatz bangen müssen und hinter dem Produkt und dem Unternehmen stehen, kann kontinuierliche Verbesserung und Qualitätsarbeit stattfinden.