Montag, 8. Juli 2013

Was machst Du eigentlich? - Wenn der Chef nicht die Aufgaben seiner Mitarbeiter kennt.


Ich möchte Ihnen anhand einer kleinen Anekdote ein Problem aufzeigen, dass mir immer wieder begegnet und eigentlich unabhängig von Hierarchiestufen oder Branchen auftritt. Letzten Freitag habe ich einen Vortrag gehalten, der von einer kleinen Diskussion im Publikum überlagert wurde. Die Diskussion folgte auf eine Zwischenfrage eines Mitarbeiters einer Baufirma – Im Anschluss stellte sich heraus, dass er (offensichtlich seit Jahren) sein Aufgabenspektrum anders definiert als sein Chef (der auch im Publikum saß).
 
Der Mitarbeiter erachtete Preisverhandlungen und –vergleiche auch als Teil seiner Arbeit, sein Chef wollte eigentlich, dass er nur Bestellungen beim Einkauf aufgibt. Die Folge sind längere Bestellzeiten, weniger Arbeitsaufkommen beim Einkauf und eine Verschiebung der übrigen Tätigkeiten des Mitarbeiters nach hinten. Außerdem ist davon auszugehen, dass der Mitarbeiter nichts über Sonderkonditionen des Einkaufs bei speziellen Händlern weiß und demnach viele seiner Preisrecherchen spätestens beim Einkauf revidiert werden und eigentlich vertane Zeit sind.

Lösung für solche Dilemmata können regelmäßige Job-Umfangs-Audits sein, ein sinniger Turnus für solche Analysen wäre beispielsweise 1 Jahr. Dabei werden die Aufgaben eines Mitarbeiters und ihre Priorisierungen aus drei Sichten beschrieben. Wichtig dabei ist, dass die unterschiedlichen Personen durch einen Unabhängigen befragt werden und die drei Sichten getrennt voneinander aufgenommen werden.

Sicht 1 ist die Sicht des Mitarbeiters auf seinen Job und die damit verbundenen Aufgaben sowie die Prioritäten unterschiedlicher Aufgaben. Idealerweise werden noch zeitliche Aufwendungen für die verschiedenen Aufgaben abgefragt (und wenn möglich: vorher auch aufgenommen).

Sicht 2 ist die Sicht des Vorgesetzten auf den Job seines Mitarbeiters. Was sind seine Aufgaben und wie sind diese aus Sicht des Vorgesetzten zu priorisieren?

Sicht 3 ist die Sicht eines neutralen Dritten, der sich auf einer ähnlichen Hierarchieebene wie der Mitarbeiter des Audits befindet, evtl. sogar direkt mit dem Mitarbeiter an einer Aufgabe zusammenarbeitet oder eine identische Position bekleidet.

Nun werden die unterschiedlichen Sichtweisen verglichen und Unstimmigkeiten/Unterschiede identifiziert. Wichtig ist dabei, dass nicht sofort versucht wird unterschiedliche Auffassungen des Mitarbeiters an die Vorstellungen seines Vorgesetzten anzupassen. Vielmehr sollte es ein entspanntes und offenes Gesprächsklima ermöglichen herauszufinden, warum der Mitarbeiter Aufgaben ausführt, die eigentlich nicht für ihn vorgesehen waren oder anders ausführt als ursprünglich geplant. Vielleicht kann der Chef aber (bspw. durch fehlendes fachliches Know-How) auch einfach Aufgaben seiner Mitarbeiter nicht realistisch einschätzen.

Die Gründe für unterschiedliche Auffassungen bei dem Umfang des Jobs können vielseitig sein. Vielleicht können interne Dienstleister nicht schnell genug auf bestimmte Situationen reagieren oder arbeiten nicht gerne mit gewissen Mitarbeitern zusammen – die Folge ist, dass der Mitarbeiter diese Aufgabe einfach selbst übernimmt. Eventuell hat aber der Mitarbeiter selbst auch beispielsweise andere Präferenzen bei Bestellungen als der Einkauf (Qualität vs. Kosten) und versucht diese durch seine Vorarbeit durchzusetzen.

Finden Sie heraus, wie ihre Mitarbeiter arbeiten und schaffen Sie Transparenz. Denn 10 Leute mit der gleichen Job-Beschreibung und den selben Aufgaben werden 10 unterschiedliche Wege finden diese Jobs auszufüllen und auszuführen.

Sehen Sie das als Chance interne Prozesse zu hinterfragen und Standards dort zu finden, wo sie wirklich Sinn machen und im Moment noch fehlen.

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