Freitag, 9. August 2013

Leiharbeit - Der größte Feind positiver Unternehmenskultur?

Jeder kennt einen und viele sind es oder waren es: Leiharbeiter. Die Arbeitnehmerüberlassung und Beschäftigung von Leiharbeitern ist in deutschen Unternehmen zum Trend geworden. Und dieser Trend hat sich - zumindest gefühlt - noch verstärkt, indem Hochschulabsolventen von zahlreichen Angeboten auf einschlägigen Jobportalen von Arbeitnehmerüberlassungsfirmen berichten. Tatsächlich hat sich die Anzahl der Zeitarbeiter seit 2002 fast verdreifacht (siehe Grafik). Die Gründe sind den Meisten bewusst:
  • Angst vor der Krise, 
  • Flexibilität bei der Personalplanung, 
  • Kosteneinsparungen,
  • Ausgleichen von Personalbedarfsschwankungen, 
  • Verringerung von Risiken bei der Personaleinstellung.
Quelle: www.statista.com
Es stellt sich nur die Frage welche langfristige Strategie die Unternehmen dabei verfolgen. Entwickelt sich nämlich dieser Trend weiterhin, werden sich die Probleme die eine erhöhte Leiharbeiterquote (wie etwa: über 20% der Belegschaft) mit sich bringt verstärken.
Dabei sind die Auswirkungen vieler dieser Probleme schleichend. Die Bildung einer "Zweiklassen-Belegschaft" zählt dabei noch zu den offensichtlicheren Entwicklungen. Arbeitnehmer berichten sogar von einer Trennung in den Bürostrukturen. Die Leihbelegschaft wird dabei von der Stammbelegschaft getrennt. Sogar die Begrüßung durch den Vorgesetzten findet nur bei der Stammbelegschaft statt - Zustände, die man bei großen deutschen Konzernen nicht erwartet hätte.
Ein Unterschied zeigt sich auch beim Gehalt. Ingenieure, die statt einer Festanstellung nur Leiharbeiter sind ,haben im Schnitt ein um fast 20 Prozent geringeres Bruttoeinkommen:

Mitarbeiter in Leiharbeit bekommen deutlich weniger Gehalt als Kollegen mit Vollzeitbeschäftigung.
Quelle: http://www.marktundmittelstand.de

Weitere Probleme, die nicht nur dem Arbeitnehmer, sondern auch dem Unternehmen schaden, sind Know-How Verlust bei Abwanderung länger beschäftigter Leiharbeiter und eine schlechte Unternehmenskultur, bei der eine Identifikation des Arbeitnehmers mit dem Unternehmen bei großen Teilen der Belegschaft nicht stattfindet.

Die langfristigen Vorteile aus den genannten Gründen sind auch aus verschiedenen Blickwinkeln nicht ersichtlich. Der Gesetzgeber musste darüber hinaus nachbessern und hat bewusst das Wort "vorübergehend" integriert, um die Intention der kurzfristigen Arbeitnehmerbeschäftigung zu unterstreichen.

Zitat: "Die Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher erfolgt vorübergehend." (AÜG, §1 Abs.1)

Eben diese vorübergehende Beschäftigung ist oftmals nicht der Fall und so dehnt sich eine "vorübergehende" Anstellung als Leiharbeiter, bei der ein Arbeitnehmer die Aussicht auf Festanstellung als Motivation sieht, auf eine mehrjährige Beschäftigung aus. Dies hat neben den finanziellen Nachteilen für den Arbeitnehmer auch psychische Folgen, kann sich doch der Arbeitgeber in schlechteren Zeiten sofort vom Leiharbeitnehmer trennen.

Wer schon einemal Lean Projekte oder sonstige Verbesserungsprojekte mit einer Gruppe Mitarbeitern betreut hat der wird ebenso bestätigen können, dass das Konzept der Leiharbeit für solche Vorhaben alles andere als förderlich ist. Mitarbeiter, die bereits von einer Firma zur nächsten "gewandert" sind, auf der Suche nach einer Festanstellung, glänzen meist nicht mit Motivation und energischem Auftreten. Sind an einem Lean Workshop mehrere Mitarbeiter beteiligt, die einen solchen Weg gehen müssen und dabei keinerlei Identifikation mit dem Arbeitgeber vorherrscht, stellt sich der Erfolg in einem Verbesserungsprojekt nur schwer ein.

Durch die genannten Probleme, die bei ausgedehnter (Aus-) Nutzung des Sytems entstehen, kann nicht mehr von fairen Arbeitsverhältnissen die Rede sein, bei dem beide Seiten mit offenen Karten spielen. Daher muss sich dieser zweifelhafte Trend umkehren und Unternehmen müssen der positiven Unternehmenskultur den Vorzug vor der Angst vor Festanstellung von Mitarbeitern geben. Nur durch zufriedene Mitarbeiter, die nicht täglich um ihren Arbeitsplatz bangen müssen und hinter dem Produkt und dem Unternehmen stehen, kann kontinuierliche Verbesserung und Qualitätsarbeit stattfinden.

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