Mittwoch, 5. Juni 2013

Just in Time – Klingt einfach, kennt jeder, kann keiner?


Nachdem der erste Post etwas abstrakt war, wenden wir uns nun einem Konzept zu, das jeder kennt. Selbst Personen, die wenig mit Lean Management zu tun haben, haben schon von Just in Time gehört. Doch bevor Sie jetzt anfangen zu gähnen und sich fragen, warum Sie einen Artikel über „Just in Time“ lesen sollten, lassen Sie mich Ihnen zeigen, warum der Ausdruck unterschiedlich aufgefasst wird und welche weitreichenden Fehler dadurch entstehen können.

Ich hatte meinen ersten Kontakt mit dem Begriff „Just in Time“ vor mehr als 15 Jahren in meiner Schulzeit, als ich ein Referat über das Thema für den Erdkundeunterricht vorbereiten sollte. Hätte mir damals jemand erzählt, dass ich jetzt immer noch mit dieser Thematik zu tun habe, hätte ich ihn für verrückt erklärt, denn damals fand ich das ganze Konzept relativ trivial und selbst erklärend. Heute geht es Vielen sicherlich nach wie vor genauso. Ich werde Ihnen drei grundlegende Fragestellungen zu JIT zeigen, die immer wieder auftauchen und häufige Ursachen von Fehlern sein können


Frage 1: Was ist Just in Time überhaupt?

Die Internet Seite mein-wirtschaftslexikon.de spricht von der Just in Time Methode (1), Shingo und Ohno sprechen vom Just in Time  Konzept oder Prinzip(2). Wenn man sich den Unterschied zwischen den beiden Formulierungen verdeutlicht, wird offensichtlich warum es hier um mehr als eine hohle Phrase oder theoretische Haarspalterei geht:

Methode - Art und Weise, wie man etwas tut, um ein Ziel zu erreichen; Synonym: Vorgehensweise (3)

Prinzip - Grundsatz oder Maßstab des Handelns, der ein Unternehmen/einen Menschen leitet; Synonym: Grundregel/Grundsatz (4)

Methoden bauen demnach auf Prinzipien auf und ein Prinzip alleine genügt nicht um einen Prozess in standardisierter Art und Weise auszuführen. Das heißt auf gut Deutsch: Einfach den Anlieferprozess auf Just in Time umstellen funktioniert nicht, denn Just in Time ist nur ein Prinzip. Erst muss eine Methodik entwickelt werden, wie die Anlieferung durchgeführt wird und die dieses Prinzip beachtet. Das kann mitunter bedeuten, dass viele vorgelagerte und nachgelagerte Prozesse neu gestaltet werden müssen - Just in Time ist nicht einfach umzusetzen, so trivial es auch auf dem Papier erscheinen mag. Eine einfache Methode, die das JIT Prinzip in der Produktion umsetzt ist die Kanban Steuerung von Produktionsprozessen (5).


Frage 2: Bedeutet Just in Time, dass meine Waren dann geliefert werden wenn sie in der Produktion benötigt werden?

Nein! Diese Definition ist falsch. Das würde zu Stillstandzeiten führen und die sind bei produzierenden Betrieben recht unbeliebt. Wenn man Just in Time übersetzt, bedeutet dies „gerade (noch) rechtzeitig“. Der Unterschied zwischen In Time und Just in Time spielt dabei eine wichtige Rolle. Das Wort Just bedeutet, dass Pufferzeiten und Sicherheitsbestände miteingeplant werden müssen, sodass Entladevorgänge, intralogistische Prozesse aber auch Lieferverzögerungen zeitlich kompensiert werden können. Dieser Puffer können durch iterative Verbesserungen reduziert, aber niemals ganz abgeschafft werden (bspw. würde eine genaue Terminierung der Anlieferungen Staus an der Rampe vermeiden, sodass Abladevorgänge zügig von statten gehen und geplante Anlieferzeiten genauer eingehalten werden können).


Frage 3: Was ist der Unterschied zwischen Just in Time und Just in Sequence?

Eigentlich ist das ganz einfach, nur leider werden die Ausdrücke immer wieder verwechselt oder in ihrer Komplexität vertauscht. Just in Sequence ist eine Steigerung von Just in Time, denn Just in Sequence bedeutet, dass die angelieferten Güter nicht nur zum richtigen Zeitpunkt eintreffen müssen, sondern auch in der richtigen Reihenfolge angeliefert werden sollten. Die Unterschiede und die höhere Komplexität stellt die Grafik anschaulich dar. Eigentlich ganz einfach, aber ich habe selbst Branchenexperten schon davon sprechen hören, dass man zunächst JIS und dann JIT einführen solle.


Ich hoffe ich konnte Ihnen zeigen, dass sich selbst hinter bekannten und vertrauten Ausdrücken oftmals mehr versteckt als angenommen und viele Dinge erst dann Fragen aufwerfen, wenn man sich näher mit ihnen beschäftigt.



(1) http://www.mein-wirtschaftslexikon.de/j/just-in-time.php
(2) Shigeo Shingo - A Study of the Toyota Production System from an Industrial Engineering Viewpoint (1989)
(3) http://de.wiktionary.org/wiki/Methode
(4) http://de.wiktionary.org/wiki/Prinzip
(5) Taiichi Ohno – Workplace Management (2012)

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